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Dienstag, 27. Februar 2018



Alles ist Weg

Jeder Tag stellt seine eigenen Fragen,
jede Begegnung fügt die Schritte vieler zusammen,
jede Aufgabe schmiegt sich neu in Deine Hand.
Richte es Dir nicht im Bestehenden ein,
werde nicht schläfrig am Wieder-und-Wieder,
kein Mensch ist derselbe, den Du gestern noch sahst, 
und die gestrigen Worte liegen heute schon 
schief in Deinem Mund.
Alles ist Weg.
Auch Dein Arbeiten, auch Dein Ruhen,
und die Träume dazwischen, die flüstern:
Jede Ankunft zieht Kreise,
nach oben zum rufenden Sog,
wie die Treppe im Turm der Kathedrale,
der den unausweichlichen Klang
der Glocke birgt.
Reise mit Freude.
Alles ist Weg.

( Giannina Wedde)

Sonntag, 25. Februar 2018

Mittwoch, 21. Februar 2018


be here now

Montag, 19. Februar 2018

Samstag, 17. Februar 2018

"Das ist doch das, was uns im Leben immer wieder passiert: 
Man sieht ein Bild und denkt, das sei die Welt, 
vergisst aber, dass es ganz viele Bilder von der Welt gibt. 
Dass man auch in sich selbst ganz viele Bilder, Ideen, Sehnsüchte hat, 
die man nicht erfüllen konnte, an denen man aber immer noch hängt, 
wo man weinen könnte, weil man sie aufgeben musste. 
Der Mensch besteht eben nicht nur aus Chemie, 
sondern auch aus ganz viel Sehnsucht.
Und ich glaube, dass jeder so eine Dunkelphase in sich hat, 
dass jeder hin und wieder in so einem leeren, dunklen Raum sitzt, 
in dem die Bilder und Sehnsüchte weiterleben. 
Und die man vielleicht doch noch realisieren kann, 
wenn man diese Dunkelheit nicht ignoriert. "

(Christoph Schlingensief, aus: "Ich weiss, ich war`s")

Donnerstag, 15. Februar 2018

Herz der herzlosen Welt

Wo keine Freiheit ist
Bist du die Freiheit
Wo keine Würde ist
Bist du die Würde
Wo keine Wärme ist
Keine Nähe von Mensch zu Mensch
Bist du die Nähe und die Wärme
Herz der herzlosen Welt

Deine Lippen und deine Zunge
Sind Fragen und Antworten
In deinen Armen und deinem Schoss
Ist etwas wie Ruhe
Jedes Fortgehenmuessen von dir
Geht zu auf das Wiederkommen
Du bist ein Anfang der Zukunft
Herz der herzlosen Welt

Du bist kein Glaubensartikel
Und keine Philosophie
Keine Vorschrift und kein Besitz
An den man sich klammert
Du bist ein lebender Mensch
Du bist eine Frau
Und kannst irren und zweifeln und gutsein
Herz der herzlosen Welt

(Erich Fried)

Dienstag, 13. Februar 2018

Montag, 12. Februar 2018

Donnerstag, 8. Februar 2018

Vierzig vorbei

Da wären wir also
40 und mehr
und sehen mit leichtem Erstaunen
was wir geworden sind
und was nicht.

Und während die Kondukteure im Zug
immer jünger werden
sitzen manche von uns an Pulten
und haben noch grössere Pulte vor sich
und machen im stillen
Wahrscheinlichkeitsrechnungen
über die Lebensdauer
von diesem und jenem
hinter dem grösseren Pult
und merken plötzlich
die möglichen Sessel
sind schon gezählt.

Dann gibt es auch welche
die sitzen mit 40 bereits
an den grösseren Pulten
gepanzert mit Sekretärinnen
und einer ganzen Etage
von Mitarbeitern
warum auch nicht
es sind doch die besten Jahre
sie sind beweglich und stark.

Und hilft es uns nicht
einer Zeit entgegenzugehen
die keine grösseren Pulte mehr braucht
nur Menschen
die wissen
ihr Geburtsdatum
war kein Zufall
sondern sie waren
persönlich damit gemeint.

(Franz Hohler, gekürzt aus: Vierzig vorbei, Gedichte)


Mittwoch, 7. Februar 2018

Drei Wünsche

eine handvoll sauerteig
damit das glück aufgeht

da und dort ein spalt
durch den die winde des lebens
ihre weisen pfeifen

im bauch
das lächeln der schmetterlinge

(Andrea Maria Keller)

Neuschnee

Am kalten, hellichten Tag
Eine Milchstrasse zu unsern Füssen.
Wer den Kopf nur leicht bewegt,
sieht, wie unter ihm hundert Sterne
aufblitzen, brennen, erlöschen.
Jeden Augenblick eine Nova.

(Hans Magnus Enzensberger)

Samstag, 3. Februar 2018

Freitag, 2. Februar 2018


Mögest Du gerne auf dieser Welt sein,
die so schön ist in ihrer Sanftheit
und so erhaben in ihrer Wildheit,
mögest Du sorglose Nächte erleben
unter gütigen Sternen
und unbeschwerte Tage im Gold der Sonne.
Mögest Du die Kostbarkeit der Dinge begreifen,
wenn Sand durch Deine Finger rinnt,
wenn Schnee auf Deiner Zunge schmilzt
und wenn das Abendrot unter Deinen
sehnsüchtigen Blicken erlischt.

Mögest Du den Schatz erkennen,
der im Lachen eines wahren Freundes liegt
und in einer tröstenden Umarmung,
im leisen Begehren, das zu Liebe werden will,
und im Kuss, der Deine Grenze verwischt.
Mögest Du fragen und zweifeln,
hadern und ringen, wie Menschen es tun,
die bereit sind, bis zum Grund zu tauchen
und der Welt die Perle zu schenken, 
die sie fanden.

Mögest Du aufgehoben werden, wenn Du fällst,
von Einem, der das Unverletzte in Dir sieht
und das Verwundete in Dir zu lieben vermag,
von Einem, der hört, was Du zu sagen hast,
und sagt, was Du hören musst.
Möge in Dir die Gewissheit reifen,
dass Du gewollt bist mit jedem Haar auf Deinem Haupt,
mit jedem Deiner Gedanken, auch jenen,
die ratlos sind am Ende des Tages,
dass Du geliebt bist vom ersten Atemzug
bis zum letzten, wenn Dein Weg vollendet ist.

Mögest Du ein Glück finden,
das größer ist als jedes Besitzen, jedes Wollen
und jedes Wissen: 
ein Glück, das an Begegnung reift
und an dem Wunsch, sich zu verschenken,
um Hoffnung für viele zu sein.
Mögest Du wissen,
dass Du genug Güte in Dir trägst,
um eine Wunde zu schliessen,
einen Alptraum zu beenden,
ein Leben zu retten
und eine leuchtende Antwort
auf jemandes dunkle Frage zu sein.

 (Giannina Wedde)