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Mittwoch, 31. Dezember 2014

Sonntag, 28. Dezember 2014

Tritt aus dem Kreis der Zeit
hinein in den Kreis der Liebe.

(Rumi)


Samstag, 27. Dezember 2014

Montag, 22. Dezember 2014

Tage, wenn sie scheinbar uns entgleiten,
gleiten leise doch in uns hinein,
aber wir verwandeln alle Zeiten;
denn wir sehnen uns zu sein ....

(Rainer Maria Rilke)

Sonntag, 14. Dezember 2014

Es ist die Zeit,
wo die Nester bewohnt werden
von den Schneeflocken
und die goldenen Blätter
Abschied genommen haben
in leichtem Fall.

Es ist die Zeit,
wo die Gedanken sich wenden
und die Häupter sich heben
und das Herz sich erinnert,
dass Dunkelheit
nicht dunkel ist bei ihm
und Licht sein wird statt
Nacht.

(Frank Howaldt)

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Wolken von Zärtlichkeit
fangen mich ein
und das Glück beisst
seinen kleinen Zahn
in mein Herz

(Hilde Domin)


Zora Emilie geb. 6.12.2014

Lichtspur des Lebens

einstimmen
ins Lob
voll Staunen 
ob der Schöpfung

einschweigen
in die Stille
voll Ehrfurcht 
ob des Lebens

einlieben
ins Sein
voll Liebe
ob des Geschaffen-Seins

einen Flügelschlag lang
ahnen
was Leben 
ist

(Andrea Schwarz)

Sonntag, 30. November 2014

Samstag, 29. November 2014

Einladung zu einer Tasse Jasmintee

Treten Sie ein, legen Sie ihre
Traurigkeit ab, hier
dürfen Sie schweigen.

(Reiner Kunze)
Und wer sagt, 
dass in dem undurchsichtigen Sack Zukunft
nicht auch ein Entzücken steckt?

(Marie Luise Kaschnitz)

Donnerstag, 20. November 2014

Fast ein Gebet

Nun weiß ichs, Liebster. Dieses ist das Glück.
Nach all dem Wirrsal und den irren Fahrten
Blieb uns zuletzt das Beste doch zurück:
Des Abends mit dem Kind auf dich zu warten,

Und klein zu sein mit ihm im kleinen Spiel,
Und in sein Schweigen still hinein zulauschen,
Das Gestern in ein Morgen einzutauschen,
Die Brücke neu zu baun, da sie zerfiel.

Was sie auch nahmen, dieses Eine blieb.
Laß uns dies auch in grauen Stunden wissen.
Herr, gib du allen, die das Schwert vertrieb,
Ein Dach, ein Brot, ein Kind, ein eigen Kissen.

(Mascha Kaléko)

Sonntag, 16. November 2014


Ruhe

Die Traube ist reif, das Feld gepflügt.

Von den Wolken löst sich der Berg.

Auf die staubigen Sommerspiegel
ist der Schatten gefallen,

Zwischen den unsichtbaren Fingern
ist ihr Licht klar
und fern.

Mit den Schwalben zieht
die letzte Mühe. 


(Giuseppe Ungaretti)

Dienstag, 11. November 2014


wind

das leben
aus den angeln
seiner wenn und aber heben und
den wind erwarten

die welt
hängt an der angel
eines einzigen
wortes


(eveline hasler)

Sonntag, 9. November 2014

Montag, 3. November 2014

Vorräte für den Winter:
stille Minuten für mich
ein offenes Herz für dich
schrumplige Äpfel für die Amseln
Tannengrün für das Haus
und ein kleines Gedicht
wie eine Wolldecke
gegen kalte Füsse.

(Carola Vahldiek)

Donnerstag, 23. Oktober 2014


Wir trafen uns
unvorbereitet,
redeten uns
die günstige Jahreszeit
ein.
Du jagtest deine Hunde
voraus,
und wir tauschten
unsere Gesichter.
Wir erfanden ein Zimmer,
in dem wir
über uns herfielen,
glühend
von Sätzen,
die wir uns nicht
sagten.
Wir warfen uns
zwischen Phlox und Oleander,
riefen nach den Hunden,
erlaubten uns nicht
die Schreie, die gewöhnlich
auf unseren Lippen warten,
und schwiegen uns Leben ein.


(Peter Härtling)

Dienstag, 21. Oktober 2014

Montag, 20. Oktober 2014

Ich muss die Fragen 
um ihrer selbst willen lieben 
wie Rilke sagt 
wie verschlossene Räume 
voller Schätze 
zu welchen mein blinder 
tastender Schlüssel 
noch nicht passt. 
und die Antworten erwarten 
wie unversiegelte 
Briefe 
abgeschickt mit zweifelhafter Absicht 
und geschrieben in einer sehr fremden 
Sprache. 
und in stündlicher Erschaffung 
meiner selbst 
ohne durch Gedanken an die Zeit 
den Raum 
zu bedrängen, einzuengen 
in den hinein ich wachse. 

(Alice Walker)

Dienstag, 14. Oktober 2014

Glück

Nichts mehr,
was dich treibt,
nichts mehr,
was dich hält.
Auf den Hügel hinauf
und solange 
nach innen singen,
bis die Stimme
dich aufhebt
und mitnimmt.

(Peter Härtling)

mehr Meer




Sonntag, 12. Oktober 2014

Wenn es eine neue Erde gibt,
möchte ich mir von der alten
den einen Augenblick mitnehmen dürfen,
in dem wir erkannten,
dass wir einander wieder
immer noch lieben.

(Christine Busta)

südwärts


Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ich rufe die Wörter 
zusammen, 
sie haben 
kein Fell, kein Gefieder, 
sie haben, wenn 
sie sich im Rudel drängen 
und auf mich warten, 
nur eine dünne Haut, 
die reißt und sie 
blossstellt, 
sobald ich ungeduldig werde 
und sie nicht streichle 
mit meiner Stimme. 

(Peter Härtling) 

Mittwoch, 8. Oktober 2014


Die Erfindung deiner Anwesenheit

sehe dich auf alten Fotos 
kann dich googeln 

finde Artikel 
nichts geht verloren 

niemand kennt deine Adresse 
du wohnst dort 

wo meine vorstellungen 
sich überschlagen 

dort wo du bist 
kann ich alles erfinden 

(Eva Christina Zeller)

Freitag, 3. Oktober 2014


Gelingendes Leben

"Aber heute fürchte ich nichts, heute zeige ich mich freimütig, schutzlos dem Tag, mache die Demutsgebärde des angegriffenen, schwächeren Wolfs, zwinge den Übermächtigen zur Grossmut und wage, mich zu freuen, weil der Morgen frisch und bitter riecht, weil der Himmel makellos ist, weil eine späte rote Rose aufgeblüht ist am schon verdorrenden Busch, weil ich den Tod nicht scheue, weil ich lebe, weil ich auf eine Art lebe, die nur ich weiss und kann, ein Leben unter Milliarden, aber das meine, das etwas sagt, was kein anderes sagen kann. Das Einmalige eines jeden Lebens. Es macht heiter, zu wissen, dass jeder Recht hat mit sich selbst. Schön ist es, älter zu werden, erlöst von sich, von der gewaltigen Anstrengung, etwas zu werden, etwas darzustellen in dieser Welt. Gelassen sich einfügen, irgendwo, wo gerade Platz ist, und überall man selbst zu sein und zugleich weiter nichts als einer von Milliarden. Dies alles, in vielen Worten gesagt, dauert zu fühlen drei, vier Atemzüge lang." 

(Luise Rinser)

Sonntag, 21. September 2014

Sonntag, 14. September 2014

Herbst

Du bahnst dir
den Weg winterwärts
durch buntes Laub
wagst dich einzunisten
im Nebelhaus
anzuhalten zwischen
den Zeiten
dich anzufreunden
mit den Geistern 
der Dunkelheit
am Rande des Tages
aufzulösen
die Töne der Tristesse

(Annemarie Schnitt)

Im Herbst schreiben
über die Vergänglichkeit
der Liebe und
des Lebens

Über die Blätter
die zu Boden fallen
und den Schnee
der sie verbergen wird

Über die Sehnsucht
im Herbst und
über das was weh tut und
nicht schweigen will

Über das schreiben
was tief in uns steckt
und was nicht
gesagt werden kann

Über die Sehnsucht schreiben
und über Liebe
auch wenn es Herbst wird

(Gerhard Rombach)

Sonntag, 7. September 2014


Einfach so
ziehen die Tage dahin
eilig wie die Wolken
die sich türmen
und wieder auflösen
es bleibt dir
ein Geschmack von Glück
auf der Zunge
in den Augen
tanzende Sonnenfunken
im Rücken
ein dich forttreibender Wind
in den Händen ein Feuerstein
als Faustpfand
eingefangener Zeit

(Annemarie Schnitt)

Die Farben der Anemonen
werden bleich

Mach dir nichts vor
es geht zu Ende

Unsichtbare Raubtiere
schleichen
um deine Lebenslust

Angst durchbohrt
deinen Sommertraum

Bald 
blühen Eisblumen

Erfinde
ein Apfellied

(Rose Ausländer)

Samstag, 6. September 2014

Freitag, 29. August 2014

Lieber Mensch...

Lieber Mensch,
du hast alles falsch verstanden.
Du bist nicht hier, um bedingungslose Liebe zu meistern.
Die ist da, wo du her kommst und wieder hin zurück gehst.
Du bist hier, um persönliche Liebe zu lernen,
universelle Liebe, schmuddelige Liebe, verschwitzte Liebe,
verrückte Liebe, zerbrochene Liebe, ganze Liebe,
erhellt von Göttlichkeit.
Gelebt durch die Eleganz des Stolperns.
Offenbart durch die Schönheit des Versagens - meistens.
Du bist nicht hier, um perfekt zu werden. Du bist es schon!
Du bist hier, um menschlich zu sein,
fehlerhaft und fabelhaft.,
um dann wieder in die Erinnerung aufzusteigen.
Aber bedingungslose Liebe? Erzähl mir nichts.
In Wahrheit braucht Liebe keine Adjektive,
keine Veränderungen, keine Bedingungen der Perfektion.
Es braucht nur, dass du da bist und dein Bestes gibst.
Es braucht nur, dass du präsent bleibst und alles fühlst,
dass du strahlst und fliegst und lachst und schreist,
dich verletzt und heilst und fällst und aufstehst und spielst
und arbeitest und lebst und stirbst als DU selbst.
Das ist genug, das ist viel!

(Courtney A. Walsh)
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Dear Human: You’ve got it all wrong. 
You didn’t come here to master unconditional love. 
That is where you came from and where you’ll return. 
You came here to learn personal love. 
Universal love. Messy love. Sweaty love. 
Crazy love. Broken love. Whole love. 
Infused with divinity. Lived through the grace of stumbling. 
Demonstrated through the beauty of… messing up. Often. 
You didn’t come here to be perfect. You already are. 
You came here to be gorgeously human. Flawed and fabulous. 
And then to rise again into remembering.
But unconditional love? Stop telling that story. 
Love, in truth, doesn’t need ANY other adjectives. 
It doesn’t require modifiers. 
It doesn’t require the condition of perfection. 
It only asks that you show up. And do your best. 
That you stay present and feel fully. 
That you shine and fly and laugh and cry 
and hurt and heal and fall and get back up 
and play and work and live and die as YOU. 
It’s enough. It’s Plenty.

(Courtney Walsh)

Donnerstag, 28. August 2014

Lost and Found



I’ve learned things I won’t forget
But I’m not leaning on them yet
I’ll be waiting ‘till the end
For everything to turn again...
Ich erzähle dir eine Geschichte
von einem Himmel

der Himmel hat keine Bäume
der Himmel hat keine Vögel
der Himmel ist auch kein Erdbeerfeld

der Himmel ist ein Kleid
das der Erde zu weit

der Himmel hat morgens und abends
ein Dach
da wollen wir bleiben

der Himmel ist nicht so wie du denkst
der Himmel ist blau

(Elisabeth Borchers)

Sonntag, 24. August 2014

Die Bäume



Immer sind es Bäume
die mich verzaubern

Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich
die Kraft für mein Lied

Ihr Laub flüstert mir
grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet
das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade
Grün die Farbe des Glücks

(Rose Ausländer)

Das Schönste


Ich flüchte
in dein Zauberzelt
Liebe

im atmenden Wald
wo Grasspitzen
sich verneigen

weil
es nichts Schöneres gibt

(Rose Ausländer)

Montag, 18. August 2014

Musik aus Basel



Der Neinengel

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Kämpferengel, der gerade geht,
der sicher auf beiden Füssen steht.
Ein trotziger Engel hell wie der Tag.
Einer, der offene Worte mag.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Nein, das heisst ja etwas wagen.
Das nicht zu tun, was alle sagen,
ist schwer, viel schwerer als zu nicken,
sich einzufügen und zu schicken.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

(Jutta Richter)


Die Liebe 
sitzt in der Sonne 
auf einer Mauer und räkelt sich 
für jeden zu sehen 
Niemand hat sie gerufen 
niemand könnte sie wegschicken 
auch wenn sie störte 

Woher kam sie als sie kam? 
Man sieht selbst die Katze kommen 
oder ein Gedicht auf dem Papier 
Und der dunkelfüssige Traum 
stellt sich nicht aus 

Die Mauer ist leer 
wo die Liebe sass 
Wohin ging sie als sie ging? 
Selbst der Tod, selbst die Träne 
lässt eine Spur 

(Hilde Domin)

Dienstag, 12. August 2014


das gespräch
über bäume
wird nie beendet
solange es worte
und bäume gibt

wer mag leben
ohne den trost
der bäume

den baum
der erkenntnis
hat keiner erkannt

(rose ausländer)


Montag, 11. August 2014


viele wege kreuzen sich in mir
und ich gehe immer
mehrere strassen zugleich.
ich bin arm.
aber es kommt mir vor:
dann wäre ich reich
wenn unter diesen wegen einer
ein ausweg wäre.

viele wege kreuzen sich in mir
und ich gehe immer
mehrere strassen zugleich.
ich bin arm.
aber es kommt mir vor:
dann wäre ich ärmer
wenn unter diesen wegen einer
ein ausweg wäre.

(Ernst Jandl)

Sonntag, 10. August 2014

Nacht-Tiere



Wenn ich die Augen schliesse 
Hör ich tief drinnen meine Wölfe heulen 
Und der Mond geht auf wie ein Omelett 

Auf der Lichtung meiner Wut hör ich sie spielen 
Die Schnauzen voll Fett 
Tobende Bündel 
Mein Geschwistergesindel 
Und wenn die Stunden schwer wie Steine um mich liegen 
Über der Erde kreiselt das Omelett 
Hör ich die Fledermäuse wie sie tief drinnen fliegen
Flirrend Flageolett 
Auf der Suche nach Beute 
Meine Nachtseelenmeute 

Eidechsen schlüpfen rein mit grinsenden Gesichtern 
Leise verschwindet das Omelett 
Ich lerne langsam auf meine Rache zu verzichten 
Leg mich ins Bett 
Und meine Tiere geigen 
Mich in den Mittsommerreigen 

(Linard Bardill)

Samstag, 9. August 2014

Am See





An manchen Tagen fehlt
nur wenig zum Glück.
Ein warmer Lufthauch fällt
von alten, runden Bergen.

Alles ist gut
und kein Gedanke
an deine Endlichkeit
oder an meine.

Aber an manchen Tagen fällt
von anderen Bergen
ein anderer Wind und fällt
Bäume und Blendwerk.

Und alles was gut war
reisst sich los vom losen
Grund meiner Innenwelt
oder deiner.

(Pedro Lenz)

Sonntag, 3. August 2014


Du bist ein Extra,
ein Irrtum, Strandgut:
Eine Gabe, ein Widerspruch.

(Margaret Atwood)

Samstag, 2. August 2014

Mittwoch, 30. Juli 2014

Nichts bleibt wie es ist 

Ich träume mich satt
an Geschichten 
und Geheimnissen

Unendlicher Kreis aus Sternen
ich frage sie
nach Ursprung Sinn und Ziel
sie schweigen mich weg

Den Orten die ich besuche
gebe ich neue Namen
nach den Wundern
die sie mir offenbaren

Nichts bleibt wie es ist
es wandelt sich
und mich

(Rose Ausländer)

Sonntag, 27. Juli 2014

Meer


Wenn man ans Meer kommt
soll man zu schweigen beginnen
bei den letzten Grashalmen
soll man den Faden verlieren

und den Salzschaum
und das scharfe Zischen des Windes einatmen
und ausatmen
und wieder einatmen

Wenn man den Sand sägen hört
und das Schlurfen der kleinen Steine
in langen Wellen
soll man aufhören zu sollen
und nichts mehr wollen wollen nur Meer 
Nur Meer

(Erich Fried)

Sonntag, 13. Juli 2014

Sonntag, 29. Juni 2014

Fortgehen
wenn das Festland
dich schnürt

aufbrechen

mit der Brandung
neu ankommen

fesselfrei

(Annemarie Schnitt)

Samstag, 21. Juni 2014

Die Tage werden langsam wieder kürzer

So wie das Schweigen länger wird, aber nicht schöner.
Als wäre etwas ausgegangen Stück um Stück.
Etwas, um das man die Nachbarn nicht bittet.

Bedeutendes fehlt und auch der Mut, laut zu sein.
Und selbst mit andren Worten wäre dies kein Lied, das
jemand singt für dich und gegen sein eigenes Schweigen.

Was könnte man sagen zum Staub auf den Lidern,
zum Verramschen des Nichts, zu den Ufern des Lichts
auf dunklen Dächern. Unter denen wir sitzen

und Schindeln befragen: nach Dichte und Sturm
und der Stille danach. Nach dem, was nur
in der Luft liegt. Die Sache mit unsrem Alleinsein

müssen wir lernen. So wie man Sonne lernt oder
den Regen, an dessen Tropfen Licht sich beugt wie
eine Hoffnung, unter den Flügeln behaupteter Hähne.

(Lydia Daher)

Mittwoch, 18. Juni 2014


Ich gehe in meiner
gespiegelten Welt
fusslos spazieren

fliege
wie einst als Kind
von Stern zu Stern
und hole mir manchen
ins Bett

Mit dem Mann im Mond
habe ich mich befreundet
wir spielen Prinz und Prinzessin

So hebt mich die Zeit
Jahr um Jahr
aus dem nüchternen Sattel

(Rose Ausländer)

Juni


Samstag, 14. Juni 2014

Es kostet hellwache Tage
und schlaflose Nächte
um heraus zu finden
was ins Helle gehört
und was im Dunkeln
bleiben muss

(Werner Lutz)


Mittwoch, 11. Juni 2014

Manchen gelingt es
sich so zu entfalten
dass sie sich immer
die Unschuld erhalten.
Die warten im Schatten
um besser zu sehen
können ohne Applaus
der Angst widerstehen.
Die schreiben nie Lieder.
Die sind Melodie.
So aufrecht zu gehen
lerne ich nie.

(Konstantin Wecker)



Montag, 9. Juni 2014

Papier ist Papier
aber es ist auch
ein Weg
zu den Sternen
zu Sinnbild und Sinn
blinden Geheimnissen
und 
zu den Menschen

(Rose Ausländer)
Es gibt nur zwei Arten,
sein Leben zu leben:

Entweder so,
als gäbe es keine Wunder,
oder so,
als wäre alles ein Wunder.

(Albert Einstein)


Sonntag, 8. Juni 2014

Zwischenbericht

Alles Geschriebene ist höchstens ein
Zwischenbericht
nichts Endgültiges
nichts Niegesagtes
nichts was bleibt
Flüchtigkeitsformeln
Besitzansprüche ungeklärt
manchmal Zeichen setzend
verwischte Wegweiser
Begleiterscheinungen
Hinweis auf Größeres
schwer auszusprechen
Bruchstücke einer großen Konfession
abwartendzwischendrin

(Konstantin Wecker)

Samstag, 7. Juni 2014


Sommer



Ein Traum

Auf einem Baum sitzen.
In die Prärie schauen.
Nicht lieben müssen.

Der Horizont öffnet sich
in Form einer Frau,
die nie näher kommt.

Nicht lieben müssen,
es wär dann ein Leichtes
zu lieben.

(Wolf Wondratschek )

 Alle meine Schiffe
haben die Häfen vergessen
und meine Füße den Weg.
Es wird nicht gesät und nicht geerntet
denn es ist keine Vergangenheit
und keine Zukunft,
kaum eine Bühne im Tag.
Nur der kleine
zärtliche Abstand
zwischen dir und mir,
den du nicht verminderst.
 
(Hilde Domin)

Donnerstag, 5. Juni 2014

Dienstag, 3. Juni 2014

mach weiter

blitz und donner
begleiten es nicht.
es ist einfach da,
von einer sekunde
zur andern.
nüchternes bewusstsein
des scheiterns.
so beiläufig
überzeugt es.
das licht geht nicht aus.
wir sind nicht im theater.
jetzt weitermachen.
mach weiter -: freier. 

(rainer malkowski)

Samstag, 31. Mai 2014




Füreinander zu Singen

Sein Händedruck sagt ihrer Hand
Jetzt bin ich da. Nur müde.
Lass mich ganz bei dir sein
als wäre ich allein.
Ihr Mund sagt seinem Nacken
Ja. Ich weiß was war und ist.
Ich bin auch dann bei dir
wenn du alleine bist.

(Ulla Hahn)

Freitag, 30. Mai 2014

Sonntag, 25. Mai 2014

Unterwegs

Heute bin ich
unterwegs
auf Wolken
male mit dem Fuss
den Himmel blau.

Meine Hand
streichelt ein Grau
bis es weiss wird.

Die Kleider
schenke ich dem Abend,
weil ihm die Farbe Schwarz
so gut gefällt.

Leise flüstere ich mit Venus.
Sie lädt mich ein,
heute Nacht
mit ihr gemeinsam
die Sonne zu umkreisen.

(Christiane Schwarze)

Leises Licht

Ganz leise leise leise geht das Licht
den ich nicht kenne geht an meiner Seite
wir gehen wie ein Paar auf schöne Art
und scheu schau ich ihm manchmal ins Gesicht
Das neben meinem liegen wird wenn alles Licht
gegangen ist wird er an meiner Seite
mich Lieben wie ein Mann auf schöne Art
und treu und bleiben und es gibt ihn nicht.

(Ulla Hahn)

Samstag, 24. Mai 2014



sich zurechtfinden - eine frage
der belichtungszeit.
nicht zu lange hinsehen.
die perspektive wechseln.
bei verstand bleiben
durch unsteten blick.

(rainer malkowski)




An meinen Schutzengel

Den Namen weiß ich nicht. Doch du bist einer
Der Engel aus dem himmlischen Quartett,
Das einstmals, als ich kleiner war und reiner,
Allnächtlich Wache hielt an meinem Bett.

Wie du auch heisst - seit vielen Jahren schon
Hältst Du die Schwingen über mich gebreitet
Und hast, der Toren guter Schutzpatron,
Durch Wasser und durch Feuer mich geleitet.

Du halfst dem Taugenichts, als er zu spät
Das Einmaleins der Lebensschule lernte.
Und meine Saat mit Bangen ausgesät,
Ging auf und wurde unverhofft zur Ernte.

Seit langem bin ich tief in deiner Schuld.
Verzeih mir noch die eine - letzte - Bitte
Erstrecke deine himmlische Geduld
Auch auf mein Kind und lenke seine Schritte.

Er ist mein Sohn. Das heisst: Er ist gefährdet.
Sei um ihn tags, behüte seinen Schlaf.
Und füg es, daß mein liebes schwarzes Schaf
Sich dann und wann ein wenig weiss gebärdet.

Gib du dem kleinen Träumer das Geleit.
Hilf ihm vor Gott und vor der Welt bestehen.
Und bleibt dir dann noch etwas freie Zeit,
Magst du bei mir auch nach dem Rechten sehen.

(Mascha Kaléko)

Mittwoch, 21. Mai 2014