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Freitag, 4. Januar 2013



“und NICHTS gerät

im Alphabet der ANGST

so hundeköpfig plump

und gleichzeitig EIDECHSIG zart

wie die Gegenwart”


(Herta Müller)


Regen

Der Regen geht als eine alte Frau
mit stiller Trauer durch das Land.
Ihr Haar ist feucht, ihr Mantel grau,
und manchmal hebt sie ihre Hand

und klopft verzagt an Fensterscheiben,
wo die Gardinen heimlich flüstern.
Das Mädchen muss im Hause bleiben
und ist doch grade heut so lebenslüstern!

Da packt der Wind die Alte bei den Haaren,
und ihre Tränen werden wilde Kleckse.
Verwegen lässt sie ihre Röcke fahren
und tanzt gespensterhaft wie eine Hexe!

(Wolfgang Borchert)