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Samstag, 21. Januar 2012

An mein Kind



Dir will ich meines Liebsten Augen geben
Und seiner Seele flammenreiches Glühn.
Ein Träumer wirst du sein und dennoch kühn
Verschlossne Türen aus den Angeln heben.

Wirst ausziehn, das gelobte Glück zu schmieden.
Dein Weg sei frei. Denn aller Weisheit Schluss
Bleibt doch zuletzt, dass man hienieden
All´seine Fehler selbst begehen muss.

Ich kann vor keinem Abgrund dich bewahren,
Hoch in die Wolken hängte Gott den Kranz.
Nur eines nimm´ von dem, was ich erfahren:
Wer du auch seist, nur eines - sei es ganz!

Du bist, vergiss es nicht, von jenem Baume
Der ewig zweigte und nie Wurzeln schlug.
Der Freiheit Fackel leuchtet uns im Traume -
Bewahr´den Tropfen Öl im alten Krug!

(Mascha Kaléko)